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Zeilenlänge, Spalten und mehr

Niemand liest gerne sehr kurze oder sehr lange Zeilen. Ein Blick in die Bild-Zeitung verrät uns, dass 20 Anschläge pro Zeile visuell einfach nicht überzeugend sind. Außer in leicht verdaulichen, maximal fünfzeiligen Fragmenten in Teaserboxen oder Seitenspalten haben solch kurze Textzeilen nichts verloren. Das andere Extrem, zu lange Zeilen, kennt jeder Wikipedia-Nutzer mit breitgezogenen Browserfenstern. Hier findet das Auge am Ende einer Zeile einfach nicht mehr so leicht zum Anfang der nächsten Zeile zurück. Es empfiehlt sich bei liquiden Layouts von daher immer, über max-width eine Maximalbreite für den Textbereich festzulegen.

Als optimal gilt im Allgemeinen eine Zeilenlänge von 50–80 Anschlägen. Überprüfen Sie diesen Wert gerne in gedruckten Romanen oder auf Websites, die für hervorragende Leserlichkeit optimiert werden, wie informationarchitects.net des geschätzten Kollegen Oliver Reichenstein.

Um beim Layout von Seiten und Doppelseiten flexibler agieren zu können, haben sich gedruckte Zeitungen, Magazine und Illustrierte schon vor langer Zeit für den Einsatz von Spalten entschieden. Hier reduziert sich in aller Regel die Zeilenlänge auf ca. 40–50 Zeichen, was immer noch voll im leserlichen Rahmen liegt, aber schon merklich die Ruhe aus dem Lesevorgang nimmt. Hier geht es nicht mehr nur um den reinen Text, sondern verstärkt auch um unterschiedliche Gewichtungen im Gesamtlayout, visuelle Emotion und natürlich Werbung. Kurz: Zu sehr soll der Leser gar nicht im Inhalt versinken.

Auf Websites sind mehrspaltige Texte jedoch ein eher sperriges und nicht mediengerechtes Konzept. In den vergangenen Jahren war es schon rein HTML/CSS-technisch kaum möglich, sie umzusetzen. Doch auch mit den diversen Spaltenmodellen, welche in modernen Browsern durchaus umsetzbar wären15, fremdelt es noch zwischen den Spaltenbefürwortern mit Printvergangenheit und websozialisierten Usability-Experten. Das fehlende Konzept einer Seite, welche in Höhe und Breite fixiert ist, machen die Mehrspaltigkeit im Web zu einer umständlichen Angelegenheit; die oft notwendige Hin- und Herscrollerei sowie die Unmöglichkeit, Bildschirmbreiten und -höhen vorherzusagen, lassen mich Ihnen von Spaltenexperimenten abraten. Es sei denn, Sie bewegen sich in einem sehr offenen und freien Kontext, wo nur wenig andere Faktoren das Layout beinflussen.